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Rügen-Stralsund e. V.

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Vorschuljahr im Kindergarten

Schlechte Noten hat die PISA Studie den Schulen und Kindergärten in Mecklenburg Vorpommern ins Zeugnis geschrieben. Was ist zu tun, um den Anforderungen einer sich immer schneller verändernden Welt gerecht zu werden? Und! Wie will man im internationalen Wettbewerb zukünftig bestehen? Liegt die Lösung in der Einführung des Vorschuljahres? Fragen über Fragen, denen sich auch die Mitarbeiter in den Kindertagesstätten des Roten Kreuzes auf der Insel Rügen stellen müssen.

Erzieherin Adelheid Brigitte Behrend bittet zwei Kinder zu sich an den Experimentiertisch. Sie sollen die gleiche Menge Wasser in zwei unterschiedlich geformte Glasgefäße füllen. Eine Aufgabe, die leicht erscheint. Doch dann die Frage: In welcher der Flaschen ist mehr Wasser? Aufgrund der verschiedenen Gefäßformen wird der Wasserspiegel unterschiedlich angezeigt. Einige Kinder neigen dazu, dies auch als unterschiedliche Menge zu interpretieren. Aber: Hatten sie nicht immer die gleiche Menge Wasser eingefüllt?

Dieses kleine Experiment ist Teil des von der Landesregierung beschlossenen Vorschulprogramms für Kinder ab fünf Jahren in Kindertagesstätten (Kita). Es soll den Kindern einen leichteren Einstieg in die Schule ermöglichen. Aber genau da liegt der Pferdefuß. Frühkindliche Bildung im letzten Kindergartenjahr reicht nicht aus für die notwendige Bildung der Kinder. Der Bildungsauftrag muss für alle Kinder von Anfang an gelten. Daher fordern wir, dass die Politik nachbessert und für alle Kinder ausreichende Förderbedingungen von Anfang an schafft.

96 Prozent der schulpflichtigen Kinder in M-V besuchen vor der Einschulung den Kindergarten. Der Rahmenplan für die zielgerichtete Vorbereitung von Kindern in Kindertageseinrichtungen auf die Schule schafft einen verbindlichen Rahmen, dessen Ziele entsprechend dem Entwicklungsstand des Kindes umgesetzt werden sollen. Es liegt bei den Erziehern, die vorschulische Bildung mit Inhalten zu füllen. Es wäre wünschenswert wenn die Schule ihren Bildungsauftrag auf den Rahmenplan aufbaut. Beim Rügener Roten Kreuz versucht man dies durch eine enge Kooperation zur ortsansässigen Grundschule zu kompensieren. Die Kita Garz ist hier ein herausragendes Beispiel.

Regina Mehnke, Leiterin der DRK Kindertagesstätte Friedrich Fröbel in Bergen auf Rügen, sieht trotzdem viele positive Aspekte: "Im letzten Kita-Jahr wird der Betreuungsauftrag verstärkt durch den Förderauftrag ergänzt. Dabei sehe ich weniger die Schule im Vordergrund, sondern vielmehr geht es um den Selbstbildungsprozess der Kinder. Dazu organisiert der Erzieher im täglichen Tagesablauf praktische und spielerische Übungen. Das heißt: Die Kinder sollen über Neugier, die Bereitschaft zum Lernen und Selbsterfahrung Lösungsmöglichkeiten und Zusammenhänge erkennen". Die Kita-Leiterin meint aber auch, dass das Vorschuljahr zu kurz greift. Selbsterfahrung und Bildung müssten schon im Krippenalter beginnen und die Kinder bis zur Vorschule begleiten. Wichtig für die Kita`s wäre ein besserer Personalschlüssel im Krippenbereich und eine ausreichende Finanzierung, damit wir der frühkindlichen Bildung von Geburt an gerecht werden können.

Ellen Wöller, Geschäftsbereichsleiterin Familie & Senioren im DRK Kreisverband Rügen e.V., sieht die fünf Kindertagesstätten trotzdem gut gerüstet. "Wir haben die sächlichen und personellen Voraussetzungen geschaffen, um dem Vorschulbildungsauftrag nachzukommen", meint sie. Trotzdem bleibt festzustellen, dass eine Fokussierung auf die 5 -jährigen Kinder für uns nicht nachvollziehbar ist und die Gefahr birgt, dass der Bildungsanspruch der jüngeren Kinder vernachlässigt wird.

Bleibt nur zu hoffen, dass die Stellungsnahme der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege M-V e.V. zu diesem Gesetz bei unseren Politikern in Mecklenburg-Vorpommern Gehör findet und in einer Nachbesserung des Rahmenplanes mündet. Der Vorschlag steht für eine ganzheitliche Bildung, Erziehung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen für alle Kinder von Anfang an.
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