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Kreisverband
Rügen-Stralsund e. V.

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Die Weihnachtsaktion der OZ wird auf Rügen vom DRK-Kreisverband unterstützt.

Das DRK hat in Bergen auch eine Kleiderkammer.

Bergen "Rügen, gut für Urlaub. Rügen, nix gut für Arbeit", sagt Elena. Und ihre Stimme verrät, dass sie aus Russland stammt. Seit drei Jahren lebt Elena auf der Insel, eine Aussiedlerin auf der Suche nach neuen Wurzeln. "Mein Mann ist Deutscher, aber er hat nicht so viele deutsche Worte wie ich." Die junge Mutti stöbert regelmäßig in der Kleiderkammer des DRK. In der Hand hält sie ein paar braune Lederschuhe. Im Arm eine orangefarbene Plüschmaus für ihr Baby.

Kurz zuvor hatte Heike Gorciza genau dieses Kuscheltier in der Hand, hat es aber zurück gelegt. "Ich nehme nur mit, was wir auch wirklich brauchen." Die 38-Jährige arbeitet als Reinigungskraft, hat drei Kinder im Alter von zwei, elf und 16 Jahren. Schichtarbeit ist für die Fischwerkerin zurzeit nicht möglich. Ihr Lebensgefährte ist Maurer. Und arbeitslos. "Wir haben gelernt, mit wenig Geld auszukommen. Einmal in der Woche bin ich hier in der Kleiderkammer." Diesmal ist es eine Strumpfhose, die sie für den Jüngsten mitnimmt. "Gerade Kindersachen sind so teuer. Und die Lütten wachsen so schnell raus."

Die Kleiderkammer des DRK-Kreisverbandes ist in einem gelben Gebäude neben dem City-Center untergebracht. In den Regalen: Pullover, Blusen, Wäsche, Gardinen. Auf den Bügeln: Anzüge, Kleider, Mäntel. Sogar Lederjacken. In einem riesigen Karton: Plüschtiere, Spielzeug. Alles sauber und in Ordnung. Gebrauchte und kontrollierte Sachen aus den Sammelcontainern, die in den Wohngebieten stehen.

Im Wechsel arbeiten Andrea Bläss und Rita Loitz in der Kleiderkammer, die eher einem "normalen" Geschäft ähnelt. Nur die Preise der Bekleidung in den Auslagen sind anders. "Das sind keine Preise", erklärt Rita Loitz. "Wir nehmen von den Kunden lediglich eine symbolische Schutzgebühr. 20 bis 80 Cent für Mützen, Socken, neuwertige Schneeanzüge gibt es für drei Euro achtzig." Was manchmal fehlt, sind große Größen. Hosen ab Größe 46 sind rar, mehr Baby- und Kindersachen könnten es auch sein. "Wer so etwas aussortiert, kann die Dinge auch direkt bei uns abgeben", sagt die 64-jährige Rita Loitz, die sich mit diesem Job ein wenig die Rente aufbessert. Inzwischen hat Heike Gorciza noch ein Buch für ihren Zweijährigen gefunden. Ein Buch mit Musik. Für einen halben Euro kann sie es mitnehmen. Eine gefütterte Jacke war es in der vergangenen Woche. "Nächsten Dienstag komme ich wieder", verabschiedet sie sich und wünscht Rita Loitz einen schönen Advent.

Elena packt die Plüschmaus für ihr Kind ein. "Ich habe kaum Kontakte in Sellin, sitze zu Hause, kann nicht arbeiten", bedauert die ausgebildete Apothekerin. "Rügen eben nur gut für Urlaub. Nix gut für Arbeit."

"So wie Elena ergeht es vielen Frauen und Männern auf der Insel", sagt Burkhard Päschke vom DRK-Kreisverband Rügen. "Deshalb haben wir die Vision von einem Sozialkaufhaus für Bekleidung, technische Geräte und Lebensmittel. Aber diese Idee muss wachsen, denn auch für die Kleiderkammer bekommen wir keine Förderung."
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