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Kreisverband
Rügen-Stralsund e. V.

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Hiddensee - Inselspuren

Der 60-igste Geburtstag ist für Gisela Gens, langjährige Leiterin der Sozialstation Bergen, kein Grund in stiller Andacht über ihr Leben zu resümieren. Es lief eigentlich alles so, wie sie es selber wollte und auch der Blick nach vorn ist von Beständigkeit geprägt.

Geboren wurde sie auf Hiddensee, in der Familie des einzigen Schmiedes des kleinen Eilandes an der Westküste von Rügen. Und bei unserem kleinen Rundgang auf den Spuren ihrer Kindheit in Kloster kommen viele Erinnerungen hoch. Da steht noch Ihr Elternhaus und der Balkon, hinter welchem sich ihr Kinderzimmer verbarg. Und da sind auch die Erinnerungen an die Oma der das Haus gehörte, welches heute als Pension betrieben wird.

Wenige Meter daneben bleibt Gisela Gens vor der alten Schmiede stehen. Hier hat ihr Vater Wagenräder repariert, Pferde beschlagen, Hofbedarf, Werkzeuge und Material für die Fischer im Feuer geschmiedet. Sieht man die Größe der alten Werkstatt, ca. 7 x 4 m, möchte man dies kaum glauben. Es ist auf Hiddensee halt alles etwas Bescheidener und aufgrund des entbehrlichen und harten Lebens der Fischer in der Vergangenheit auch praktischer.

Gisela Gens berufliche Laufbahn fing 1964 als Hilfskrankenschwester im Bergener Krankenhaus an. 1968 heiratete sie ihren Mann Karl und obwohl sie auf Druck des Vaters bereits einen Ausbildungsplatz als Rechtsanwaltsgehilfin in der Tasche hatte, setze sie sich durch. Berufsbegleitend erlernte sie den Beruf der Krankenschwester und praktizierte diesen unter den Ärzten Dr. Bartel und Dr. Lansky in der Bergener Chirurgie bis 1970. Dann wurde Sohn Thomas geboren und sechs Jahre darauf Andreas. Gisela und Karl sind auf beide stolz. Stapfen sie doch in den Fußspuren der Familie durchs Leben. Andreas ist Altenpfleger im DRK Pflegeheim Bergen und Sohn Thomas stand dem Opa auf der Insel zur Seite, arbeite als Fischer und betreibt derzeit in Kloster mit seiner Frau Dana ein Räucherschiff. Gisela ist stolz auf ihre Familie. In guten wie in schlechten Zeiten stehen alles zueinander und helfen sich.

Als mit der Wende das System der Gemeindeschwestern in der Struktur der Polyklinik aufgelöst wurde, orientierten sich die Schwestern unter maßgeblicher Leitung von Schwester Helga Lehmker neu. Das war dann der Schritt in die ambulante Pflege des DRK Kreisverbandes Rügen e.V. (DRK). Seit 1991 ist sie Leiterin der Sozialstation Bergen und hat die ambulante Pflege auch in schwerer See auf Kurs gehalten. Ihr Prinzip: Führen mit Herz und Überzeugung. Was in der Familie seit Generationen funktioniert, macht ihr auch im Beruf die Arbeit leichter. Auf die Frage nach der Zukunft antwortet sie ausweichend: "Mal sehen, Rente mit 63 oder 65, wohnen auf Rügen oder Hiddensee, wer weiß. Aber auf jeden Fall das elterliche Grundstück mit den Kinder gemeinsam umbauen." Und beruflich wünscht sie sich mehr Zeit für ihre Patienten und über den Gesetzgeber weniger Verwaltungsaufwand in der Pflege und ein größeres Zeitbudget für die zu betreuenden Menschen.

Nach zwei Stunden Zeitreise mit Schwester Gisela besteige ich das Schiff der Weißen Flotte und fahre zurück nach Rügen. Meine Gedanken verweilen aber noch in der alten Schmiede; die Augen wandern über das elterlich Grundstück, bleiben an alten Netzen, Ankern, dem handgeschmiedeten Tor und der alten Werkbank mit Ambos haften. Geschichte ist immer auch das Schicksal von Menschen. Und Hiddensee hat da viel zu erzählen.
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