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Damit niemand abseits steht
Die Weihnachtsaktion von OSTSEEZEITUNG, DRK und Sparkasse Rügen ist Geschichte.
Positive Nachwirkungen hat die Aktion weiterhin.
Damit Kinder aus sozial schwachen Familien weiterhin in Sportvereinen aktiv sein,
an Klassenfahrten, am Nachhilfeunterricht oder an der Schwimmausbildung teilnehmen können,
dafür haben die Leser der OZ in derWeihnachtsaktion "Helfen bringt Freude" gespendet.
Rund 13 000 Euro kamen zusammen. "Dazu spendeten das DRK 15 000 Euro und die Sparkasse Rügen 10 000 Euro",
bestätigte DRK-Pressesprecher Burkhard Päschke. Rund 8666 Euro seien schon fest gebunden.
Dieses Geld fließe genau dort hin, wo es gebraucht werde. Zum zwölfjährigen Dominik aus Bergen,
der nun fünf Monate lang Nachhilfeunterricht im Fach Englisch nehmen kann und zu Dana (14) aus Sassnitz,
die mit einem neuen Schulranzen in die Förderschule geht.
Über mehrere Monate wird die arbeitslose Margitta Schendel aus Bergen entlastet,
denn die Mitgliedsbeiträge für ihre beiden Jungs, die beim PSV Bergen Judoka sind,
werden aus Spendengeldern finanziert (die OZ berichtete).
Bei der Auswahl der Empfänger der Hilfen werde laut Gerhard Konermann vom DRK mit dem Jugendamt, der ARGE und den Freien Trägern der Jugendhilfe zusammengearbeitet. Perspektivisch sollen auch die Schulsozialarbeiter mit einbezogen werden. "Die Ämter und Freien Träger sind die Fachleute, wir die Mittler und Projektsteuerer." Auf die Frage, was aus seiner ganz persönlichen Sicht am sozialen Netz in Deutschland geändert werden müsste, sagte Gerhard Konermann: "Es sollte jedem Menschen das Grundrecht auf Arbeit eingeräumt werden. Arbeit heißt Selbstwürde, sozialer Kontakt und Selbstverwirklichung. Jeder Mensch sollte aus eigener Kraft mit seiner bezahlten Arbeit in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt angemessen zu bestreiten." Arbeiten, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können: Für die Mutti von Leeven (16) und Livia (14) Weide aus Dranske heißt das, in München als Busfahrerin bei einem Reiseunternehmen für behinderte Menschen zu arbeiten. Dafür hat sie die Insel verlassen müssen. Und schweren Herzens auch ihre Kinder. Sie wohnen seit vier Jahren bei den Großeltern in Dranske, beiEmmaund Achim Puder, die sich ihre Zeit als Rentner etwas anders vorgestellt hatten. "Doch was solltenwir machen", so Oma Emma (67).
"Unsere Tochter musste endlich aus ihrer Langzeitarbeitslosigkeit raus." Zur Wende sei sie fertig
gewesen mit der Lehre bei der Post. Und ohne Job. Eine dreijährige Umschulung zur Berufskraftfahrerin
brachte ihr keine Anstellung in der Nähe. Darum dieser schwere Schritt nach Bayern.
"Wir konnten uns auch nicht mit dem Gedanken anfreunden, in die Großstadt zu ziehen, zumal
Mutti immer unterwegs ist", sagt Leeven, der in seinem Freundeskreis bleiben und sein Abitur
auf Rügen machen will. Er bewundert seine Mutti, mit der er per Telefon über alles sprechen kann.
Und er bewundert seine Großeltern, obwohl es manchmal nicht so scheint. Natürlich gibt es Reibereien.
"So ist das nun mal bei dieser großen Altersdifferenz und unterschiedlichen Lebensauffassungen.
Auch der Musikgeschmack ist völlig anders", meint die Oma, die aber nicht vergessen hat, dass auch
sie mal ein Kind gewesen ist. Die beiden Dransker müssen rechnen. Monat für Monat. Ihre Rente und
das Kindergeld, mehr haben sie nicht, um die Kinder zu versorgen. Deren Vater ist nach der Scheidung
spurlos verschwunden, zahlt keinen Unterhalt. Und das Einkommen der Mutti reicht auch nicht für große
Überweisungen. Leevens Antrag auf Hartz IV wurde abgelehnt. "Da bleiben viele Wünsche offen", bedauert
Achim Puder (73), Lehrer im Ruhestand. Umso mehr konnte sich Leeven, der 16-jährigeMittelfeldspieler
beim FSV Empor Dranske, jetzt über ein Paar Fußballschuhe freuen, die von der Aktion "Helfen bringt
Freude" bezahlt wurden. "Ich finde es gut, wenn sich jemand für die Jugend einsetzt", ist sein kleines
Dankeschön an alle Spender. Und an die besten Großeltern der Welt.
HOLGER VONBERG
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| Bild: HOLGER VONBERG |