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Luisa wünscht sich Puppe Annabel
In einer schwierigen Zeit half der DRK-Hilfsfonds der Familie Bergmann mit
Geld für Schulmaterial und Bewerbungsfotos.
OSTSEE-ZEITUNG: Sie haben den DRK-Hilfsfonds ins Leben gerufen. Wie kam es dazu?
Bergen. "Ich wünsche mir die Puppe Annabel zu Weihnachten", sagt die
siebenjährige Luisa. Es ist ihr einziger Wunsch in diesem Jahr. Sie weiß, dass das
Weihnachtsfest magerer ausfallen wird als sonst. Seit Papa die Mama im Oktober verlassen hat,
fehlt es an allen Ecken und Enden an Geld. Schon seit Jahren ist die Familie auf Hartz IV angewiesen.
Das Einkommen der beiden Eltern reichte nicht aus, um mit den drei Kindern Max (15), Luisa (7)
und Paul (2) über die Runden zu kommen. Jetzt ist alles noch viel schwieriger geworden.
"Mir grault es vor dem ersten Weihnachten", sagt Mutter Rosalinde Bergmann.
Dem ersten Weihnachten ohne ihren Mann, mit dem sie 14 Jahre verheiratet war.
Er hat sich getrennt. Das muss Rosalinde Bergmann erst verarbeiten. Den Kühlschrank hat er mitgenommen,
auch den Fernseher und das Auto. Das Familienleben ist komplett aus den Fugen geraten.
"Zum Glück haben mir meine Verwandten gleich einen neuen Kühlschrank
und einen Fernseher geschenkt." Sie hätte kein Geld gehabt, die Sachen zu kaufen.
Schon so reicht es hinten und vorne nicht. Herbst und Winter kamen. Alle drei Kinder brauchten neue
Stiefel und warme Anoraks.
Rosalinde Bergmann arbeitet in Teilzeit bei Schlecker in Bergen. Doch das Einkommen ist mager. Mehr Stunden kann sie wegen der Kinder nicht arbeiten. Sie bekommt zusätzlich Hartz IV von der Arge. Den Betrag, der der Mutter und den drei Kindern zusteht, musste die Arge erst neu berechnen. Zusätzlich hat sie Wohngeld beantragt. Doch wann sie es bekommt, das weiß sie noch nicht. Auch nicht wie viel es sein wird. Da kam die Hilfe aus dem DRK-Hilfsfonds gerade richtig.
"Eine Sozialarbeiterin hat mich darauf
aufmerksam gemacht, dass es diesen Hilfsfonds gibt. Von dort habe ich das Schulgeld für die beiden
Kinder bekommen." Damit meint Rosalinde Bergmann die etwa 30 Euro pro Kind und Schuljahr,
die für Kopierkosten anfallen. "Außerdem konnten wir Bewerbungsfotos für Max machen lassen.
Der geht jetzt in die zehnte Klasse und möchte sich als Kaufmann für Groß- und Außenhandel bewerben",
erzählt Rosalinde Bergmann weiter. "Es ist toll, dass es einen solchen Fonds gibt und
dass die Menschen spenden", sagt die dreifache Mutter, die heute ihren 38. Geburtstag feiert, gerührt.
Die Vier-Raum-Wohnung in Bergen-Rotensee ist liebevoll eingerichtet. Ein hölzerner Weihnachtsmann
steht an der Eingangstür, ein Weihnachtskalender zum Selberfüllen hängt an der Wand.
Auch wenn es für Rosalinde Bergmann eine schwere Zeit ist, gibt sie ihr Bestes, den Kindern
Geborgenheit und ein behagliches Zuhause zu garantieren. "Ich musste schon immer aufs Geld achten.
Jetzt mache ich das eben noch mehr. Ich weiß, wie gerne die Kinder Gurke essen. Deswegen lasse ich die
Gurke eben für die Kleinen und verzichte selbst." Selbst zu verzichten und das Beste für ihre Kinder
zu geben, das ist selbstverständlich für die 38-Jährige.
"Luisa wünscht sich so sehr,
mal ins Schwimmbad zu gehen. Aber das können wir uns einfach nicht leisten. Die Fahrt
dorthin, der Eintritt, 50 Euro sind da gar nichts." Erstmal hofft sie, dass die Familie ab Januar
besser dasteht, wenn das Wohngeld bewilligt wurde. "Es macht mich momentan so unruhig,
dass ich nicht weiß, mit wie viel Geld ich rechnen kann." Bis es soweit ist, muss Rosalinde Bergmann
gut nachrechnen, wofür sie ihr Einkommen ausgibt. "Ich vergleiche immer die Preise,
kaufe die günstigen Produkte. Es gibt bei uns viel Stulle und Wurst zu essen und einfache Gerichte
wie Nudeln mit Tomatensoße." Sie kennt alle Spartipps. Denn eines will sie auf jeden
Fall schaffen: ihrem Sohn Paul die heiß ersehnten "Power Rangers" zu schenken.
Und ihrer Tochter Luisa die gewünschte Puppe Annabel.
Katharina Degrassi
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| Bild: K. Degrassi |