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Ostsee-Anzeiger, 06.04.2009

Boys’Day auf Rügen

Am 23. April 2009 ist Girls'Day – Mädchen-Zukunftstag. Weil sich Mädchen im Rahmen ihrer Ausbildungs- und Studienwahl noch immer überproportional häufig für "typisch weibliche" Berufsfelder oder Studienfächer entscheiden, soll ihnen am Girls’Day die Möglichkeit gegeben werden, sich über typische Männerberufe zu informieren. Doch auch umgedreht wird ein Schuh daraus – der Erzieherberuf ist nach wie vor eine klassische Frauendomäne. Deshalb sollen Jungs am diesjährigen Girls’Day die Möglichkeit erhalten, sich in Rügener Kindertagesstätten über den Beruf und die Berufung „Erzieher“ zu informieren. OSTSEE ANZEIGER (OAZ) sprach mit Sylveli Waldow (S.W.), Fachaufsicht und Fachberaterin zur Kita-Förderung im Landkreis Rügen zum Problem.

OAZ: Frau Waldow, was bezweckt der Boys’Day zum Girls’Day auf Rügen?
S.W.: Die Idee, Jungs auf typische Frauenberufe aufmerksam zu machen, kam uns gemeinsam mit dem DRK und weiteren Trägern von Kindereinrichtungen auf der Insel. Immerhin zählen wir unter den derzeit 330 Kita-Erziehern und 49 Tagesmüttern nur drei männliche Erzieher. Die Frage ist, warum dies so ist und ob das so bleiben muss?
Wenn man die derzeitige Altersstruktur der Erzieher auf Rügen betrachtet, dann muss ich feststellen, dass im nächsten Jahr 21 Erzieher alter als 60 Jahre sein werden. Bis 2015 kommen noch einmal 74 Erzieher hinzu, die das 60. Lebensjahr überschreiten.
Das wir es bereits heute mit einem Fachkräftemangel in diesem bereich zu tun haben, lässt sich daran erkennen, dass es Träger auf der Insel gibt, denen es nicht gelungen ist, neue „staatlich anerkannte Erzieher“ einzustellen – weil sie einfach nicht vorhanden sind auf Rügen. Eben deshalb wollen wir auch junge Männer für diesen beruf gewinnen.

OAZ: Warum eigentlich gibt es so wenige männliche Erzieher?
S.W.: Ich denke, das ist aus Vorwendezeiten so überliefert. Damals war der Beruf des Erziehers ausschließlich Frauen vorbehalten und die Ausbildung sah auch keine männlichen Bewerber vor. Heute ist das anders geregelt und auch Männer können diesen beruf ergreifen.

OAZ: Welche Voraussetzungen müssen Jungs mitbringen, um den beruf des „staatlich anerkannten Erziehers“ zu erlernen?
S.W.: Zunächst einmal sollten sie den Dingen offen gegenüber stehen und kontaktfreudig sein sowie Interesse am Umgang mit Menschen, eben ganz speziell Kindern, haben. Ihr vielseitiges Interesse für Natur, Sport, Musik und die Wissenschaften und viele bereiche mehr ist eine entscheidende Voraussetzung, um sich im beruf weiter zu entwickeln. Schließlich sind kreative Köpfe gefragt. Und eines steht außer Zweifel: Erzieher ist zwar ein erlernbarer beruf, setzt irgendwie aber auch Berufung für diese Tätigkeit voraus.

OAZ: Welche Bildungswege stehen den Mädchen wie auch Jungen offen, um sich einmal „staatlich anerkannter Erzieher/Erzieherin“ zu nennen?
S.W.: Das ist einmal, mit Abschluss der 10. Klasse, über die Berufsfachschule (die nächste befindet sich in Stralsund9 möglich. Der zweijährigen Sozialassistentenausbildung schließt sich die dreijährige Erzieherausbildung an.
Für Absolventen des Gymnasium mit Abitur ist das Ziel über die akademische Ausbildung an einer Fachhochschule, beispielsweise in Neubrandenburg, möglich. Die Bachelor-Ausbildung mit dreijährigem Grundstudium und anschließendem einjährigen Master-Studium ist derzeit an 23 Fachhochschulen möglich.

OAZ: Welche Zukunft erwartet die frischgebackenen Erzieher dann?
S.W.: Sie können ihre Tätigkeit in Kinderkrippen, Kindergärten, im Hort oder auch in Einrichtungen der Jugendhilfe wie Kinderheimen aufnehmen. Ebenso steht ihnen dann eine Zukunft in der Tagespflege, in Kinderkliniken oder auch in der Tourismusbranche offen.

OAZ: Gefragt sind natürlich Boys und auch Girls?
S.W.: Na klar brauchen wir Jungs wie auch Mädchen in diesem verantwortungsvollen und lohnenswerten Beruf, denn die Kinder geben ihren Erziehern unendlich viel zurück.

OAZ: Sehen Sie auch Vorteile, wenn das Frauenteam durch männliche Erzieher verstärkt wird?
S.W.: Auf jeden Fall. Männliche Erzieher sind ein wertvoller Gewinn für die Erziehungs- und Bildungsarbeit. Denn sie spielen im Umgang mit den Kindern eine besondere Rolle, haben eine andere Sprache, stehen den wissenschaftlich-technischen Dingen meist offener gegenüber als Frauen und sie können auch mit der manchmal „rauen“ Lebensart von Kindern  gut umgehen.  Frauen sind da sensibler. Und, das sollte man in der heutigen Zeit nicht unterschätzen, sie sind in vielen Fällen für das Kind das männliche Pendant zur allein erziehenden Mutter.

OAZ: Was empfehlen Sie den Rügener Boys und Girls?
S.W.: Sie sollten sich bei Interesse die Chance nicht entgehen lassen, am 23. April in einer Kindereinrichtung einen Tag dabei zu sein, um sich zu den Inhalten und auch Reizen des Erzieherberufes zu überzeugen.

Kontaktinformationen zur Anmeldung für den Girls’ & Boys’Day in Kitas gibt es im Internet unter www.ruegen.drk.de

Sylveli Waldow, Fachaufsicht und Fachberaterin zur Kita-Förderung im Landkreis Rügen
Sylveli Waldow, Fachaufsicht und Fachberaterin zur Kita-Förderung im Landkreis Rügen.
Bild: MV Media GmbH & Co. KG