DRK-Logo

Kreisverband
Rügen-Stralsund e. V.

Archiv 2011 << zurück

19.03.2011, OstseeZeitung

Warten auf Freitag, Trixi und Biene

Ehrenamt auf zwei und vier Beinen: Mit ihren Hunden besucht
eine Rüganerin Senioren im DRK-Pflegeheim Gingst.


Die Besucherhündin Trixi auf Visite bei Rentnerin Eva Dievenkorn (89) im DRK-Pflegeheim Gingst.

Foto: Holger Vonberg

Gingst –
Ein Geländewagen hält vor dem DRK-Pflegeheim in Gingst – wie an jedem Freitag pünktlich um 16 Uhr. Antje Jedlitschka steigt mit ihrem vierbeinigen Beifahrer aus. Trixi, ein knuddeliger Jack-Russel, wedelt erwartungsfroh mit dem Schwanz und "rasselt" mit seinen Zehen und kurzen Schritten ein wenig aufgeregt über den harten und frisch gewischten Fußboden. Der kleine Hund weiß, dass er jetzt besondersviele Leckerli und Streicheleinheiten bekommt. Denn Frauchen und Trixi sind in ehrenamtlicher
Mission unterwegs. Sie besuchen einige Bewohner des Pflegeheimes. Und die warten sehnsüchtig auf die junge Frau mit ihrem Hund, auch Ingrid Marder, Gisela Grothund Rudi Krüger,die schon im Flur die beiden Besucher begrüßen.

Antje Jedlitschka ist eine von etwa 15 ehrenamtlichen Seniorenbetreuern auf Rügen. Seit 2010 gibt es dieses Projekt "Supervision für Seniorenbetreuer" (die OZ berichtete), in dem Ehrenamtliche und Familienangehörige alte Menschen pflegen, sie bei Arztbesuchen und Spaziergängen begleiten, sich zu Hause oder im Service-Wohnen um Einkauf und Ordnung kümmern oder aber auch durch Besuche mit Hunden unter anderem Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen und Demenzkranken Lichtblicke zu geben. Sie verbringen ihre Freizeit mit den Pflegepersonen, spielen mit ihnen, vermitteln Nähe und Wärme, zeigen ihnen, dass sie nicht allein gelassen werden.

Auch in Bergen ist ein Ehrenamtler mit seinem Hund unterwegs zu den Rentnern: Stanislaw Sobczak mit seinem Bobby. Da die Betreuer berufstätig, Vorruheständler und Senioren sind, benötigen auch sie Beistand. Darum kümmern sich Fachleute in Gesprächsrunden, in denen Probleme und einzelne Fälle analysiert und gelöst werden. Die Teilnehmer bekommen auch Schulungen zur Ersten Hilfe, zu Krankheitsbildern, Konfliktlösungen und zur Trauerarbeit.

Jörg Schlanert ist im DRK-Kreisverband Rügen zuständig für die Koordinierung des Ehrenamtes: "Wir suchen weiter Frauen und Männer mit sozialer und kommunikativer Kompetenz, diebereit sind, ihre Freizeit zu spenden, um sich ehrenamtlich um ältere Familienangehörige oder Nachbarn zu kümmern." Auch darum wirbt er heute von 11 bis 17 Uhr auf der "EhrenamtMesse" im Lindencenter Stralsund. Inzwischen ist die sechsbeinige und zweiköpfige Besuchergruppe bei Eva Dievenkorn. Die 89-Jährige liegt inihrem Pflegebett.Einelila Decke ist darauf schon ausgebreitet. Dort nimmt Trixi gern Platz. "Ich hatte früher auch mal Hunde", erinnert sich die alte Dame. Ihre Händestreicheln das weiß-braune Fell. "Ich freue mich, dass wir den Kleinen hier haben. Der Große bleibt immer unten vor dem Bett liegen. Wo ist der denn?" Antje Jedlitschka entschuldigt sich: "Die Heckklappe vom Auto hat geklemmt, ging nicht auf." So musste Biene, ein Berner-Sennen-Mischling, diesmal zu Hause bleiben. "Schade", sagt Eva Dievenkorn. "Ich habe auch für ihn extra Hundefutter besorgen lassen. Aber beim nächsten Mal kommt er doch mit. Oder?" Antje nickt und verspricht: "Ganz bestimmt!"

Dann beginnt Frau Dievenkorn zu erzählen: von ihrem verstorbenen Mann, der Jäger war und Jagdhunde hielt. Und von ihrer ehemaligen Nachbarin in Bergen, die auch einen Jack-Russel hat und in Briefen und auf Postkarten immer ganz herzlich von ihmgrüßt. "Aber der ist viel weißer."Aufmerksam hört auch Trixi zu.Sie schmiegt sich an, legt ihren Kopf in Eva Dievenkorns Hand. Tiere im Heim sind eine Ausnahme, aber gerade den Bettlägerigen täte diese Abwechslung gut, meint Antje Jedlitschka. "Diese leuchtenden Augen sprechen Bände." Frau Dievenkorn nickt und lächelt. Trixi schläft. Satt und zufrieden.

Von Holger Vonberg