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26.03.2011, OstseeZeitung
Nach Unglück sucht Familie aus Putbus den Weg zurück ins Leben
Bei einem Holzsäge-Unfall kam Andreas Grohn fast zu Tode. Nun kämpft er gegen eine Lähmung und darum, wieder gesund zu werden. Da er als Alleinverdiener lange ausfällt, wird das Geld der Familie knapp. Der Rügener DRK-Fonds hilft.
Von Alexander Loew
Ein Bild aus glücklichen Zeiten vor dem Unfall: Andreas Grohn mit Frau Kathrin (r.) und den Kindern Victoria, Vanessa, Nicolas und Julia
(v.l.).
Foto: C. Abraham
Putbus – Innerhalb von Sekunden kann sich ein Leben völlig verändern. Eine Erfahrung, die scheinbar immer nur "die anderen oder Menschen im Fernsehen erdulden müssen", haben Kathrin Rautenberg und ihre Angehörigen am eigenen Leib gemacht. Nichts ist für die Putbusser mehr, wie es war, seit dem schrecklichen Unfall von Familienoberhaupt Andreas Grohn.
Rückblende: Es ist ein ruhiger Donnerstagnachmittag. Der45-Jährige sägt an diesem 17. Februar vor gut fünf Wochen Holz für den Privatgebrauch unweit des Familiendomizils, dem Forsthaus Gremmin am Putbusser Schlosspark. "Bei einem liegenden Baum hat er dann die Spannungsverhältnisse nicht einschätzenkönnen", weiß die Lebensgefährtin. Das Unglück nimmt seinem Lauf: Andreas Grohn sägt einen kapitalen, 20 Meter langen Ast aus der Krone. Der fällt nach Schilderung der Zeugen auf den Putbusser und drückt ihn auf den Stamm. Er ist eingeklemmt, hat kiloweise Gewicht auf der Brust. Andreas Grohn erleidet mehrfache Risse in der Lunge, einen Bruch der Wirbelsäule und mehrerer Rippen. Dass er den Unfall überhaupt überlebt, verdankt er vor allem dem beherzten Eingreifen seiner zwölfjährigen Tochter Victoria, wie Mutter Kathrin heute einschätzt: "Unsere Kleine hatte ihm bei der Arbeit geholfen. Sie ist sofort los, hat die Familie aktiviert." Tochter Vanessa (14) alarmiert die Feuerwehr, die schon nach Minuten eintrifft. Grohns Vater Willi (78) sägt derweil mit Leibeskräften, um den Sohn von dem schweren Ast zu befreien. "Victoria hat ihm dann das letzte massive Stück von der Brust gewuchtet", erzählt Kathrin Rautenberg.
Trotz allem sind die Auswirkungen verheerend. "Die ersten Tage haben wir nur um sein Leben gebangt. Die Chancen standen schlecht", erinnert sich die Lebensgefährtin. Nach zwölf Tagen im Koma wacht Andreas Grohn aber auf. Dass die Großfamilie nun die 37 Tage seit dem Unglück überstehen konnte, verdanke sie auch dem Rügener DRK-Hilfsfonds, für den OZ Leser im Rahmen der Weihnachtsaktion unserer Zeitung sammelten, sag tKathrin Rautenberg. Grohns bekamen unkompliziert Hilfe aus dem Topf. "Wir haben zum Beispiel die täglichen Fahrten der Familienangehörigen zum Klinikum nach Greifswald bezahlt", verdeutlicht DRK Sprecher Burkhard Päschke. Zudem floss Geld, damit die Mädchen im Sportverein weitermachen konnten. Und noch mehr Hilfe werde nötig sein, betont Päschke. Denn die Putbusser Familie sei durch das Unglück in eine echte finanzielle Notsituation geraten. Andreas Grohn ist der Alleinverdiener, er führt als Einzelunternehmer eine Firma zur Baugrunderkundung, seine Kathrin macht die Büroarbeit und kümmert sich um die Kinder. Vier hat das Paar, das seit 23 Jahren auch ohne Trauschein wie in einer Ehe zusammenlebt: Julia (21), Vanessa (14), Victoria (12) und Nicolas (6). "Momentan leben wir von den Rücklagen",verdeutlicht die Mutter. Aber lange gehe das in dem großen Haushalt mit bald drei Schulkindern, laufenden Kosten für Energie, Versicherungen und Lebensmittel nicht gut.
Unklar ist auch, wann Andreas Grohn wieder in der Lage ist, zu arbeiten. "Die Ärzte machen mir inzwischen Hoffnung, dass er wieder ganz gesund werden kann",sagt Kathrin Rautenberg. Doch der Weg sei lang. Aufgrund der Wirbelsäulenverletzung ist der 45-Jährigederzeit halbseitig gelähmt. Bald soll die Reha in Greifswald beginnen. "Wenn er fleißig arbeitet, könnten Ende des Jahres alle Folgen des Unfalls aufgehoben sein", hofft die Lebensgefährtin. Noch müsse Andreas Grohn wegen der schweren Lungenverletzungen oft künstlich Sauerstoff bekommen. An den Unfall könne er sich nicht erinnern. Er erkenne aber alle Familienmitglieder und sei in der Lage, ganz normal zu sprechen. "Ein Glücksfall, da er ja minutenlang nach dem Unfall ohne Sauerstoff auskommen musste", betont Kathrin Rautenberg. Insgesamt sei sie froh, wie gut alles trotz des Unglücks doch gelaufen sei: "Die Einsatzkräfte und Ärzte haben ihr Bestes gegeben. Dann hat uns Dr. Andreas Stapel aus Bergen auf den DRK-Hilfsfonds hingewiesen", beschreibt die Rüganerin die Lage. Und auch die Geschäftspartner ihres Mannes seien "sensationell": "Einige haben uns versprochen, Aufträge für die Zeit bereitzuhalten, wenn Andreas wieder einsatzfähig ist."
Nach wie vor fährt Kathrin Rautenberg täglich in die Klinik zu ihrem Mann: "Er braucht das, um über diese psychisch so schwere Zeitzukommen.Er kenntsich ja nur kerngesund." Sie selbst und auch die Kinder "funktionierten" seit dem Unfall nur noch:"Man macht irgendwie weiter, weint viel, aber ein richtiges Leben ist das nicht." Mutter und Kinder hoffen, dass der Familienvater nach langer Reha zu Weihnachten wieder nach Hause kommt. "Wenn er wieder da ist, dann freue ich mich auf die ganz normalen Sachen mit ihm. Dann werden wir im Wald spazieren und angeln gehen", sagt Kathrin Rautenberg. So wie sie und ihr Andreas es in ihrem "erstenLeben" vor dem Unfall immer gern gemacht haben.
Hilfe in Krisen
Seit 2007 gibt es auf Rügen denHilfsfonds des DRK. Er unterstützt vor allem Kinder und Jugendliche der Insel im Bereich Bildung, greift Familien aber auch in akuten Krisensituationen unter die Arme. Somit bekommen aktuell auch die Grohns aus Putbus Mittel aus dem Topf, nachdem eine Sozialarbeiterin genau
die Bedarfe ermittelt hat. "Weitere Hilfe wird in diesem Fall nötig sein, damit die Familie nicht in echte Not verfällt", sagt DRK-Sprecher Burkhard Päschke. Wer den Fonds unterstützen will, damit für Familie Grohn und in ähnlichen Fällen Hilfe bereit gestellt wird, kann direkt an das DRK spenden.
Überweisung an: DRK-Hilfsfonds
Konto: 300 300 10
Bankleitzahl: 130 510 42