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Rügen-Stralsund e. V.

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29.04.2011, OstseeZeitung

Pflegeheim Gingst: Spiel und Spaß für Senioren und Teenager

Aus einem Schulprojekt ist an der Regionalen Schule in Gingst ein Unterrichtsfach geworden. Die Kooperation mit dem DRK dient auch der beruflichen Orientierung.

Von Holger Vonberg


Wer gewinnt? Jassi, Heinz Papenfuß, Karoline und Helene Hacker (v.l.) spielen regelmäßig "Mensch ärgere dich nicht". Fotos: Holger Vonberg

Gingst
– Schon wieder hat Heinz Papenfuß (82) eine Sechs gewürfelt und wirft den roten Kegel von Jassi um. "Mensch ärgere dich nicht." Jassi, die 13-Jährige, lacht. "Dann muss ich eben wieder zurück." Jetzt ist Helene Hacker (84) an der Reihe. Sie kann mit einem großen Holzkegel vorrücken und kommt der grünen Spielfigur von Karoline (15) bedrohlich nah.

Die beiden Schülerinnen könnten die Urenkel sein, sind es aber nicht. Jassi und Karoline besuchen die Bewohner des Pflegeheimes regelmäßig. Einmal in der Woche, immer dienstags, pünktlich um 14 Uhr. "Da werden wir schon richtig erwartet, mal zumSpielen,mal zum Spazierengehen", sagt Karoline. "Die Begegnung mit unseren Senioren macht mir einfach Spaß. Und es macht mich auch irgendwie glücklich, wenn wir miteinander reden."

"Die Mädchen erzählen von der Schule und ihren Hobbys. Und dann frischen wir unsere Erinnerungen auch wieder auf", nickt Heinz Papenfuß und würfelt. "Ich bin sehr dankbar, dass es diesen Besuchsdienst gibt. Meine Verwandten besuchen mich auch und holen mich ab und an zu sich nach Hause. So kenne ich keine Langeweile."

Die beiden Schülerinnen haben sich dem im Jahr 2004 gestarteten Projekt "Teenager und Senioren" angeschlossen. Und das hat sich mittlerweile aus einer Arbeitsgemeinschaft zu einem Fach im Wahlpflichtunterricht entwickeln. Denn die Regionale Schule Gingst setzt auf Berufsfrühorientierung und kooperiert mit den unterschiedlichsten Firmen in dieser recht strukturschwachen Region im Westen der Insel. Die unmittelbare Nähe zwischenHeimundSchule – ein Standortvorteil.

"Der DRK-Kreisverband Rügen ist ein starker und zuverlässiger Partner", weiß Dagmar Felzmann, die Schulsozialarbeiterin. Ihre direkte Ansprechpartnerin ist Silke Mikitta, die Vorsitzende des DRK-Ortsvereins Gingst: "Mit diesem Projekt verfolgen wir mehrere Ziele. Wirwollen Berührungsängste zwischen den jungen und altenMenschen und auch Hemmschwellen im Umgang miteinander abbauen. Wichtig sind auch die Achtung vor dem Alter und das Fördern des sozialen Engagements."

Jasmin, die lieber Jassi genannt werden will, kam über das Jugendrotkreuz in diese Gruppe. "Jetzt bin ich bei der Feuerwehr, aber unseren Seniorenbleibe ich treu." Karoline hat sogar einen Praktikumsplatz im Heim bekommen. "Wer weiß, was sich daraus noch entwickelt." Vielleicht eine Lehrstelle - wie bei einer ihrer Vorgängerinnen.

Auch die beiden Jugendrotkreuzgruppen von Gingst treffen sich regelmäßig im Pflegeheim. Die Mädchen und Jungen basteln Dekorationen und Geschenke für Feiern und Basare.Gerade stopfenSarah, Dennis, Eileen, Lisa, Laura und Annika Mehl in Gummihandschuhe und Luftballons. Die werden zugebunden und so zu knetbaren Antistressbällen und -händen. Beim nächsten Mal steht Erste Hilfe auf dem Programm, später dann bei einigen auch der Seniorenbesuchsdienst. "Dafür muss man ein gewisses Einfühlungsvermögenmitbringen. Jassi und Karoline können das", erklärt Schulsozialarbeiterin Felzmann. Sie weiß aber auch, dass die Jugendlichen auf diesem Weg begleitet werden müssen, damit das soziale Engagement nach dem Projekt nicht einschläft."Es sindwichtige Erfahrungen, die die Schüler für ihr ganzes Leben sammeln können." Dagmar Felzmann blättert im Projekttagebuch. Dort ist zu lesen, dass die Schüler auch schon Weihnachts- und Geburtstagsfeiern im Pflegeheim organisiert und Kuchen gebacken haben.

Heinz Papenfuß wird unruhig. Jetzt muss er unbedingt eine Zwei würfeln. Jassi drückt die Daumen. Dann klatscht der 82-Jährige vor Freude in die Hände, schaut mit leuchtenden Augen in die Runde und lächelt: "Nicht traurig sein! Mensch, ärgert euch nicht!"