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26.11.2012, OstseeZeitung
"Für alles gibt es eine Stunde" – Vom Alltag mit dem Tod
Im Pflegeheim Binz des Deutschen Roten Kreuzes wird ein Konzept für einen noch würdevolleren Abschied verstorbener Mitbewohner umgesetzt.
Von Holger Vonberg

Diese Arbeitsgruppe des Pflegeheimes Binz des Deutschen Roten Kreuzes hat das Konzept für einen noch würdevolleren Abschied von verstorbenen Mitbewohnern vorbereitet. Foto: Holger Vonberg
Binz –Der graue November, ein Trauermonat. Auf den Friedhöfen wurden die Gräber für den Totensonntag und den Winter vorbereitet. Zeit zum Trauern. Der Umgang mit dem Tod ist Alltag in den Pflegeheimen, aber keine Routine. Im DRK-Pflegeheim Binz hat sich eine Arbeitsgruppe mit diesem Thema auseinandergesetzt. Auf dem Tisch liegt nun ein Konzept, das in diesen Tagen und auch in Zukunft in allen vier Wohnbereichen umgesetzt werden soll, so Heimleiterin Alison Cowell. Es gehe darum, die Mitbewohner angemessen zu informieren und noch pietätvoller Abschied zu nehmen. "Für alles gibt es eine Stunde, fürs Lachen und Weinen, zum Reden und Schweigen, eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben", zitiert sie die Grundidee des Konzepts.
Alison Cowell leitet diese Einrichtung seit drei Jahren. "Wir brauchen Rituale für den Abschied. Um die Mitbewohner angemessen zu informieren, wird im Wohnbereich eine Laterne mit Kerze aufgestellt. Und auch das Zimmer des Verstorbenen wird würdevoll gestaltet – mit einem Deckchen auf dem Nachttisch und einem Bilderrahmen mit einem Foto oder Sinnspruch." Untergebracht sind die Utensilien in einem Köfferchen für die letzte Reise. "Das Ritual setzt einen abschließenden Punkt. Noch einmal innehalten, Abschied nehmen, um dann als Angehörige, Mitarbeiter oder Mitbewohner weiter zu gehen, weiter zu leben."

Alison Cowell leitet seit mittlerweile drei Jahren das Pflegeheim im Ostseebad Binz. Foto: Holger Vonberg
Seit 28 Jahren arbeitet Astrid Lorenz im Pflegedienst. Auch für sie ist jeder Abschied schmerzhaft, hat sich doch mit der Zeit eine gewisse Nähe zwischen ihr und den betreuten Bewohnern aufgebaut. "In der Pflege zu arbeiten ist kein Beruf, das ist eine Berufung. Natürlich geht uns der Tod nahe. Dafür sind wir Menschen. Ich habe schon viele Seminare zu diesem Thema besucht. Wichtig ist vor allem das Einfühlungsvermögen – auch den Angehörigen gegenüber." Natürlich gebe es bei einigen Angehörigen Ohnmacht, Schweigen, Angst. Andere hingegen gehen ganz offen damit um, sind in der Stunde des Todes am Bett ihres nahen Verwandten oder Freundes.
"Mit jedem Abschied denken wir auch über das eigene Leben nach", sagt Pflegedienstleiterin Ulrike Burkowitz. "Niemand weiß, wie der nächste Tag aussehen wird,und man geht wieder bewusster mit dem eigenen Leben um." Ulrike Burkowitz ist im DRK-Pflegeheim Binz verantwortlich für knapp 100 Bewohner. Pflege ist für sie und ihr Team eine Herzensangelegenheit. "Sie sollte im Osten und Westen Deutschlands aber gleichermaßen gewürdigt und von den Krankenkassen mit einheitlichen Personalschlüsseln versehen werden."
Der Pflegeaufwand werde in den Heimen immer größer, weil die Menschen in höherem Alter und erst mit entsprechenden körperlichen und geistigen Erkrankungen einziehen. Altersdemenz haben etwa sieben von zehn Bewohnern der Binzer Einrichtung. "Wir brauchen also nicht nur qualifizierte Pflegekräfte, sondern auch engagierte Pflegediensthelfer – und Ehrenamtliche, die als Besuchsdienst ihre Zeit und Aufmerksamkeit unseren Bewohnern schenken. Gegenwärtig kümmern sich acht Frauen und Männer auf diese sehr menschliche Art um unsere Senioren", sagt die Pflegedienstleiterin. Das Freiwillige Soziale Jahr und Schülerpraktika seien Möglichkeiten, junge Leute für die verantwortungsvolle Arbeit im Pflegedienst zu öffnen. "Sie sind eine Bereicherung für uns alle."
Deutschland könne im Vergleich mit anderen Ländern stolz sein auf einen sehr hohen Standard in der Altenpflege. Diesen Standard angesichts der demografischen Entwicklung auch in Zukunft zu halten, ist für Alison Cowell und ihre 60 Mitarbeiter eine wichtige Aufgabe. Und dieser Aufgabe sollten sich auch die Politiker stellen, so die Heimleiterin.
Regelmäßige Treffen
6 Pflegeheime sowie Wohnanlagen betreibt der Kreisverband Rügen des Deutschen Roten Kreuzes auf Deutschlands größter Insel. In denen werden 60 Prozent der Heimplätze auf Rügen vorgehalten. Die sind zu 98 Prozent ausgelastet.
10 Ortsverbände und zwei Projektgruppen des Kreisverbandes Rügen des Deutschen Roten Kreuzes arbeiten an zeitweiligen Projekten beziehungsweise auf der Basis von kontinuierlichen und monatlichen Zusammenkünften.
"Für alles gibt es eine Stunde" – Vom Alltag mit dem Tod
Im Pflegeheim Binz des Deutschen Roten Kreuzes wird ein Konzept für einen noch würdevolleren Abschied verstorbener Mitbewohner umgesetzt.
Von Holger Vonberg

Diese Arbeitsgruppe des Pflegeheimes Binz des Deutschen Roten Kreuzes hat das Konzept für einen noch würdevolleren Abschied von verstorbenen Mitbewohnern vorbereitet. Foto: Holger Vonberg
Binz –Der graue November, ein Trauermonat. Auf den Friedhöfen wurden die Gräber für den Totensonntag und den Winter vorbereitet. Zeit zum Trauern. Der Umgang mit dem Tod ist Alltag in den Pflegeheimen, aber keine Routine. Im DRK-Pflegeheim Binz hat sich eine Arbeitsgruppe mit diesem Thema auseinandergesetzt. Auf dem Tisch liegt nun ein Konzept, das in diesen Tagen und auch in Zukunft in allen vier Wohnbereichen umgesetzt werden soll, so Heimleiterin Alison Cowell. Es gehe darum, die Mitbewohner angemessen zu informieren und noch pietätvoller Abschied zu nehmen. "Für alles gibt es eine Stunde, fürs Lachen und Weinen, zum Reden und Schweigen, eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben", zitiert sie die Grundidee des Konzepts.
Alison Cowell leitet diese Einrichtung seit drei Jahren. "Wir brauchen Rituale für den Abschied. Um die Mitbewohner angemessen zu informieren, wird im Wohnbereich eine Laterne mit Kerze aufgestellt. Und auch das Zimmer des Verstorbenen wird würdevoll gestaltet – mit einem Deckchen auf dem Nachttisch und einem Bilderrahmen mit einem Foto oder Sinnspruch." Untergebracht sind die Utensilien in einem Köfferchen für die letzte Reise. "Das Ritual setzt einen abschließenden Punkt. Noch einmal innehalten, Abschied nehmen, um dann als Angehörige, Mitarbeiter oder Mitbewohner weiter zu gehen, weiter zu leben."

Alison Cowell leitet seit mittlerweile drei Jahren das Pflegeheim im Ostseebad Binz. Foto: Holger Vonberg
Seit 28 Jahren arbeitet Astrid Lorenz im Pflegedienst. Auch für sie ist jeder Abschied schmerzhaft, hat sich doch mit der Zeit eine gewisse Nähe zwischen ihr und den betreuten Bewohnern aufgebaut. "In der Pflege zu arbeiten ist kein Beruf, das ist eine Berufung. Natürlich geht uns der Tod nahe. Dafür sind wir Menschen. Ich habe schon viele Seminare zu diesem Thema besucht. Wichtig ist vor allem das Einfühlungsvermögen – auch den Angehörigen gegenüber." Natürlich gebe es bei einigen Angehörigen Ohnmacht, Schweigen, Angst. Andere hingegen gehen ganz offen damit um, sind in der Stunde des Todes am Bett ihres nahen Verwandten oder Freundes.
"Mit jedem Abschied denken wir auch über das eigene Leben nach", sagt Pflegedienstleiterin Ulrike Burkowitz. "Niemand weiß, wie der nächste Tag aussehen wird,und man geht wieder bewusster mit dem eigenen Leben um." Ulrike Burkowitz ist im DRK-Pflegeheim Binz verantwortlich für knapp 100 Bewohner. Pflege ist für sie und ihr Team eine Herzensangelegenheit. "Sie sollte im Osten und Westen Deutschlands aber gleichermaßen gewürdigt und von den Krankenkassen mit einheitlichen Personalschlüsseln versehen werden."
Der Pflegeaufwand werde in den Heimen immer größer, weil die Menschen in höherem Alter und erst mit entsprechenden körperlichen und geistigen Erkrankungen einziehen. Altersdemenz haben etwa sieben von zehn Bewohnern der Binzer Einrichtung. "Wir brauchen also nicht nur qualifizierte Pflegekräfte, sondern auch engagierte Pflegediensthelfer – und Ehrenamtliche, die als Besuchsdienst ihre Zeit und Aufmerksamkeit unseren Bewohnern schenken. Gegenwärtig kümmern sich acht Frauen und Männer auf diese sehr menschliche Art um unsere Senioren", sagt die Pflegedienstleiterin. Das Freiwillige Soziale Jahr und Schülerpraktika seien Möglichkeiten, junge Leute für die verantwortungsvolle Arbeit im Pflegedienst zu öffnen. "Sie sind eine Bereicherung für uns alle."
Deutschland könne im Vergleich mit anderen Ländern stolz sein auf einen sehr hohen Standard in der Altenpflege. Diesen Standard angesichts der demografischen Entwicklung auch in Zukunft zu halten, ist für Alison Cowell und ihre 60 Mitarbeiter eine wichtige Aufgabe. Und dieser Aufgabe sollten sich auch die Politiker stellen, so die Heimleiterin.
Regelmäßige Treffen
6 Pflegeheime sowie Wohnanlagen betreibt der Kreisverband Rügen des Deutschen Roten Kreuzes auf Deutschlands größter Insel. In denen werden 60 Prozent der Heimplätze auf Rügen vorgehalten. Die sind zu 98 Prozent ausgelastet.
10 Ortsverbände und zwei Projektgruppen des Kreisverbandes Rügen des Deutschen Roten Kreuzes arbeiten an zeitweiligen Projekten beziehungsweise auf der Basis von kontinuierlichen und monatlichen Zusammenkünften.