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09.11.2015, OstseeZeitung
Bei der Prüfung ist Gelassenheit gefragt
18 Hunde legten am Sonnabend in Patzig die Prüfung zum zertifizierten Besuchshund ab
Von Gaia Born

Rauhaardackel Rufus zeigt im letzten Teil der Prüfung, wie er sich als Besuchshund verhält. Foto: Gaia Born
Patzig.Elli ist die Ruhe selbst. Sie hat nur Augen für ihre Besitzerin Sibylle Seel. Auch, dass direkt neben ihr ein schweres Gummispielzeug auf den Boden knallt, Kinder um sie herum rennen und mit viel Getöse ein Schirm direkt neben ihr aufgespannt wird, nimmt die niedliche Mischlingshündin mit Gelassenheit zur Kenntnis. Dabei ist sie nun schon bei Teil drei der Prüfungsaufgaben angelangt, die sie zu einem zertifizierten Besuchshund machen sollen.
"Jeder Hund wird einzeln geprüft. Der erste Teil fragt den Gehorsam ab. Es sind bekannte Kommandos wie Sitz, Platz, Fuß und Aus, die hier erfüllt werden müssen", erklärt Michaela Ballschuh. Sie ist Ausbildungswart und Therapiehundeführerin des DRK und nimmt gemeinsam mit der Kollegin von den Maltesern, Susanne Fandrich, 18 Hunden und ihren Besitzern die Prüfung ab.
Nach dem Gehorsam wird das Verhalten getestet. "Wir spielen hier Alltagssituationen nach", erklärt Fandrich."Der Hund muss zeigen, wie er sich in solchen Situationen verhält, das ist nichts besonderes." Also wird Elli Zeuge einer Begrüßung, muss lose an der Leine laufen und dabei ihrer Besitzerin folgen, durchquert eine Gruppe von Menschen und Hunden und lässt sich von einem Fremden berühren. Für Elli alles kein Problem. "Die Situationen sind für Elli nicht neu", bestätigt Sibylle Seel aus Götemitz. "Wir gehen einmal in der Woche auf den Hundeplatz. Das machen wir, seit Elli ein Welpe war."
Nicht ganz alltäglich sind die abschließenden Übungen, die Situationen für den Besuchshund in einer Pflegeeinrichtung simulieren sollen. Da ruckelt ratternd ein Rollstuhl um Elli herum, eine Gehhilfe kracht neben ihr auf den Boden und die Trainerin, die nun im Rollstuhl den Part eines Dementen übernimmt, knuddelt sie ungeschickt. Dabei ist nicht nur Ellis Kompetenz gefragt. "Die Besitzer müssen hier zeigen, dass sie auch auf ihre Hunde achten können", erklärt Prüferin Ballschuh. "Es ist wichtig, dass sie ihren Hundrichtig lesen und seine Signale richtig deuten. Denn die Prüfung ist nur bestanden, wenn wir 100 Prozent sicher sein können, dass Hund und Besitzer auch mit Stresssituationen umgehen können."
Dass das manchmal nicht so einfach ist, zeigt Teddy. Die Hündin ist sehr gutmütig, weiß Besitzerin Gudrun Thiess: "Sie verträgt sich mit jedem. Wir haben sogar ein Reh für den Tierschutz aufgezogen, das ohne sie gar nicht gefressen hätte." Aber in der Prüfung hapert es der aufgeschlossenen Hundedame ein bisschen am Gehorsam. "Die Unterordnung ist absolut wichtig", erläutert Fandrich, die selbst schon seit sieben Jahren im Hundesport aktiv ist. "Die Hunde sind in Pflegeeinrichtungen unterwegs, in denen Menschen nicht immer einordnen können, was sie tun." Da bieten dann zum Beispiel demenzkranke Bewohner dem Hund eine Tablette als vermeintliches Leckerli an.
"Das kann sehr gefährlich sein für die Gesundheit des Hundes. Ohne Erlaubnis darf er also nichts nehmen. Auch das Kommando ,Aus' ist wichtig, die Hunde müssen einfach hören." Teddys Besitzerin nimmt es sportlich: "Ein bisschen enttäuscht bin ich jetzt schon. Aber wir haben die Unterordnung auch nicht so viel trainiert. Das holen wir jetzt nach – und dann versuchen wir es in einem Jahr noch einmal."
Doch der Großteil der Hunde zeigt heute, was er kann, von den 18 Probanden dürfen nur drei nicht das Zertifikat mit nach Hause nehmen. Auch Elli besteht die Prüfung. "Ich bin ganz schön stolz auf die Kleine", freut sich Besitzerin Seel über die nagelneue Plakette, die Elli von nun an am Halsband tragen darf: "Geprüfter Besuchshund DRK". Sie fühlt sich bestätigt. "Es lohnt sich,dem Hund eine Aufgabe zu geben. Und man selbst hat auch noch etwas davon, wenn man die alten Menschen glücklich sieht."
"Wir sind mit unserem Spitz Taylor heute nur zum Zuschauen gekommen. Wir haben durch den Bericht der OSTSEE-ZEITUNG erfahren, dass es den Besuchshundedienst des DRK gibt und wollen nächstes Jahr die Prüfung machen."
Claudia Kasch (29) aus Patzig
"Klar waren wir aufgeregt. Rufus ist ja ein Lebewesen, und auch, wenn er gut trainiert ist, weiß man nie vorher, wie er reagiert. Aber er hat das toll gemacht. Auf meinen täglichen Spaziergängen baue ich immer Übungseinheiten ein, um das Gelernte zu festigen."
Uta Protze aus Glowe mit Rauhaardackel Rufus
"Unser Labrador ist schon durch den Deutschen Retriever Club wesensgeprüft. Carlos muss immer eine Aufgabe haben – und wir tun
damit etwas Gutes. Ohne Ehrenamt kann so etwas nicht funktionieren."
Barbara Lüth aus Putbus hilft bei der Organisation
der Prüfung. Aber auch sie ist aktiv im Besuchshundedienst.
"Zu uns kommt alle zwei Wochen ein Besuchshund. Im Spiel mit den Hunden erfahren die Kinder ganz neue soziale Beziehungen."
Ines Griebenow (56) arbeitet bei der Kindertagesstätte Löwenzahn in Gingst
"Wir sind zwar erst seit vier Wochen dabei, aber wir waren schon in drei Einrichtungen und möchten gern dauerhaft dabei sein."
Rita Jablonski (62) mit Hündin Lina
"Ninja ist ein Samojede, Paddy ein Husky. Sie sind als Besuchshunde sehr beliebt."
Jürgen Thiele ist aus Bodstedt angereist