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25.08.2015, OstseeZeitung
Rotkreuzler sichern den Notruf ab
Nach dem Eigentümerwechsel an der Mukraner Straße will das DRK Ansprechpartner für die Senioren sein.
Von Maik Trettin

Die Awo hat das Betreute Wohnen an der Mukraner Straße in Sassnitz aufgegeben. Die Häuser gehören jetzt der WoGeSa. Foto: Maik Trettin
Sassnitz –"Servicewohnen" steht auf dem Schild zwischen den beiden Klinkerbauten an der Mukraner Straße in Sassnitz. Die hat die Arbeiterwohlfahrt aus Cuxhaven über eine Tochtergesellschaft vor elf Jahren errichten lassen, um älteren Sassnitzern "ganzheitliches Leben und Wohnen" anzubieten, so das Konzept. Das ist seit wenigen Tagen genauso überholt wie das Engagement der Awo-Tochter Betreutes Leben und Wohnen (BLW): Sie hatte die Bauten an der Mukraner Straße 3a und 3b zu Beginn des Monats an die Wohnungsgesellschaft Sassnitz (WoGeSa) verkauft. Aus dem "Betreuten Wohnen" ist damit formal erst einmal ein ganz normales "barrierefreies Wohnen" geworden. Denn mit der BLW ist auch der Anbieter von Betreuungsleistungen verschwunden.
"Das hat zu Irritationen bei einigen Mietern geführt", weiß Bürgermeister Dieter Holtz. Viele hatten sich gerade wegen der möglichen Betreuung in den gemieteten vier Wänden für diese Wohnform entschieden, mit der Option, bei Bedarf in das gegenüberliegende Pflegeheim zu ziehen – das ebenfalls von der Awo betrieben wurde. Zusammen mit den Wohnungen bildete es das Seniorenzentrum, aus dem es aber zu Jahresbeginn herausgelöst wurde. Die Cuxhavener verkauften das Heim an den Rügener Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes; die altersgerechten Wohnungen gegenüber erwarb die WoGeSa. Fahrstuhl, breite Türen, keine Schwellen und ebenerdige Duschen – "Solche Wohnungen sind in Sassnitz begehrt", weiß WoGeSa-Geschäftsführer Siegfried Adelsberger. Deshalb hatte das kommunale Unternehmen die beiden Häuser erworben. Schon jetzt gebe es Wartelisten mit den Namen interessierter Mieter für die 42 Wohnungen, die alle belegt sind.
Theoretisch hätte der Eigentümerwechsel die Bewohner kaum berühren dürfen. Doch es hat sich weit mehr geändert als die Bankverbindung zum Überweisen der Miete. Der Hausnotruf, den die meisten älteren Bewohner aus Sicherheitsgründen dazugebucht hatten, wurde von dem externen Anbieter von heute auf morgen abgeschaltet. Besonders schmerzhaft musste das eine Bewohnerin erfahren, die mehrere Stunden hilflos in ihrer Wohnung lag und niemanden alarmieren konnte, weil der alte Notruf nicht mehr und der neue noch nicht funktionierte.
Notruf und Betreuung – "so etwas können wir als reiner Vermieter nicht leisten", sagt Siegfried Adelsberger. Deshalb hat sich die WoGeSa dafür einen Partner gesucht: Das Deutsche Rote Kreuz wird auf Wunsch und gegen eine entsprechende Gebühr den Mietern nicht nur ein Notrufsystem installieren, sondern sich auch um weitergehende Probleme kümmern. Darauf haben sich das Wohnungsunternehmen und der Wohlfahrtsverband in der vergangenen Woche geeinigt.
"Für viele pflegebedürftige Bewohner sind unsere Mitarbeiter vom Pflegedienst ohnehin schon da", sagt Rügens DRK-Geschäftsführer Gerhard Konermann. Nun sollen auch alle anderen einen Ansprechpartner beim Deutschen Roten Kreuz bekommen. In allen Fragen, die über das normale Mietverhältnis hinausgehen, werden die Mitarbeiter der DRK-Sozialstation in der Klaipedaer Straße 30 die ersten Ansprechpartner sein. Dort, so Konermann, seien in Absprache mit der WoGeSa Sprechzeiten für die Bewohner organisiert worden. Immer montags und donnerstags jeweils von 12 bis 14 Uhr sind die Leiterin der Sozialstation und ihre Mitarbeiter für die früheren Awo- und jetzigen WoGeSa-Mieter da. Und zwar kostenlos.
"Dafür braucht jetzt niemand einen Betreuungsvertrag", macht Konermann deutlich. "Wir gucken einfach, wie wir möglichst unkompliziert mit unseren Möglichkeiten helfen können." Sollten kostenpflichtige Hilfeleistungen notwendig werden, werde das im Gespräch abgeklärt.
Siegfried Adelsberger ist froh über diese Partnerschaft mit den Rotkreuzlern. "Wir haben gemerkt, dass die älteren Mieter das Gefühl, betreut und umsorgt zu sein, sehr schätzen. Da wollen wir wieder hinkommen", kündigt der WoGeSa-Geschäftsführer an.