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10.02.2016, OstseeZeitung
Hilfe aus Vorpommern für Waldkindergarten im Kongo
Das DRK Rügen-Stralsund engagiert sich seit sieben Jahren für einen Waldkindergarten in der Region Mushenyi / Viele Kinder sind durch den Bürgerkrieg traumatisiert
Von Christian Rödel

Im Waldkindergarten im kongolesischen Mushenyi lernen die Kinder Keimlinge von Nutzpflanzen aufzuziehen.
Bergen. Obwohl der Kahuzi-Biega-Nationalpark im östlichen Kongo viele Flugstunden von der Region Rügen-Stralsund entfernt ist, besteht seitens des hiesigen DRK Kreisverbandes eine enge Verbindung zu diesem Gebiet in Zentralafrika. Als ehrenamtlicher DRK-Konventionsbeauftragter reiste der Binzer Rechtsanwalt Andreas Bachmann im Jahre 2008 erstmals auf eigene Kosten in das kongolesische Katana, woder Waldkindergarten "Marifiki wa Mazingria" (übersetzt: Freunde der Natur) mit seiner vorschulischen Bildung schon ein Jahr später einen bemerkenswerten Beitrag zum Umweltschutz leisten konnte. "In diesem Gebiet wurde zuvor über Jahre Raubbau mit der Natur betrieben, ganze Wälder abgeholzt, um an Bodenschätze zu gelangen", beschreibt Andreas Bachmann die Situation vor Ort und fügt hinzu, "dass nun dieser gerodete Landstrich wieder mühsam aufgeforstet wird".
Seit sieben Jahren unterstützt der DRK-Kreisverband das Entwicklungsprojekt im ehemaligen Bürgerkriegsgebiet mit Spenden und will die Patenschaft für die Einrichtung, in der gegenwärtig 65 Kinder betreut werden, auch zukünftig weiterhin aufrecht erhalten. Ein Schwerpunkt in der Arbeit des Waldkindergartens liegt darin, die Drei- bis Fünfjährigen für die Bewahrung der Natur zu sensibilsieren. Die Kinder lernen auch, wie man Beete anlegt, Pflanzensamen zum keimen bringt und Stecklinge setzt. Mit dem erworbenen Wissen können sie auch zu Hause einen kleinen Garten anlegen. Mit rund 300 Euro im Monat kann das Gehalt von vier Erzieherinnen finanziert und so der Betrieb des Waldkindergartens gesichert werden. Spendengelder flossen ab 2009 aber auch in den Aufbau von Infrastruktur.
In den meisten Gebieten des Ostkongos ist der Bürgerkrieg inzwischen vorbei, und die Menschen machen sich an den Wiederaufbau ihrer Heimat. Angesichts der Flüchtlingskrise in Europa sei es ermutigend zu sehen, wie die Leute in der ostkongolesischen Region jetzt eine Lebensperspektive haben und nicht mehr das Land verlassen wollen, meint Bachmann. Seit dem 1. Januar 2016 hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit die finanzielle Unterstützung für deutsche Hilfsorganisationen eingeschränkt und einen höheren Eigenanteil von mindestens 15 Prozent gefordert. "Die Region Mushenyi, in dem sich der Waldkindergarten befindet, ist immer noch ein sehr ärmliches, bäuerlich geprägtes Gebiet weitab von Großstädten. Hier leben die meisten Menschen, vor allem traumatisierte Opfer des Bürgerkrieges und viele Waisenkinder, ohne Elektrizität und ohne fließendes Wasser", sagt Bachmann. Doch unter den Menschen herrsche dennoch eine Aufbruchstimmung, so der 59-jährige Jurist, der sich schon als Referendar beim Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR in Genf engagierte.

Rechtsanwalt Andreas Bachmann
Für Bachmann ist die Hilfe zur Selbsthilfe in dieser armen Region einer der Schlüssel zur Lösung der Flüchtlingsproblematik in Europa. Wenn die Menschen in ihren Heimatländern ein lebenswertes Dasein ohne Hunger, Armut und Kriege führen könnten, hätten sie kaum eine Veranlassung, nach Europa zu fliehen.
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| Verwendungszweck: | Kongo |
Waldkindergärten
Das Konzept von Waldkindergärten beruht auf einer ganzjährigen Beschäftigung der Kinder draußen in der Natur, zum Beispiel dem Wald. Durch den Aufenthalt im Freien sollen die Kinder über eine robustere Gesundheit verfügen. Zum Spielen werden keine vorgefertigten Spielzeuge angeboten, sondern es wird genutzt, was die Natur an Gelegenheiten bietet. Bereits in jungen Jahren soll sich ein Bewusstsein für ökologische Zusammenhänge entwickeln.
In Deutschland gibt es derzeit über 1400 Waldkindergärten, die ersten Einrichtungen dieser Art entstanden in den 1950er Jahren in Skandinavien. 1993 wurde der erste deutsche Waldkindergarten in Flensburg eröffnet.